Monday, October 26, 2009

Peter Manteuffel: "Klausur"



Die Psychologen unterscheiden an die 20 Abarten verletzter Eitelkeit beim Mann.

Nach dem EU-Referendum in Irland veranstalteten an die 200 Gegner des Lissabon-Vertrags am 3. Oktober einen Protestumzug hinauf zum Hradschin, während dessen sie seltsam humoristisch anmutende Parolen wie „Vasallenjoch ist keine Freiheit“, „Glühbirnen - und was kommt als nächstes?“, „Lissabon ist schleichendes Münchner Diktat“, „EU ist Viertes Reich“ skandierten. Auf dem Hradschin-Platz vor der Burg trat dann spontan der Präsident selbst als Gastredner auf, insinuierte Zweifel am ordnungsgemäßen Ablauf der irischen Auszählung, da diese im Vergleich mit den tschechischen Wahlen unverhältnismäßig lange in Anspruch genommen hätte, betonte jedoch, daß er das Ergebnis respektiere; ohnehin würden die Iren das Referendum drei-, vier-, fünf-, neunundfünfzigmal wiederholen, bis ein JA herauskäme. Zu manchem ansonsten mochte er sich nicht äußern, da man ihm den Mund verbieten würde.

Václav Klaus, der seine Unterschrift unter die vom tschechischen Parlament beschlossene Ratifizierung verweigert, ist dabei, sich das Image eines Narren und Märtyrers auf dem Thron zu erarbeiten. Er dürfte sich dieser Tage im Gefühlstaumel eigener Wichtigkeit befinden. Bereits das Patt der letzten Parlamentswahlen mit der anschließenden fast einjährigen Abwesenheit einer kompetenten Regierung spielte seiner Rolle zu, wo doch ansonsten seine verfassungsmäßigen Kompetenzen mehr denen des deutschen als des französischen Präsidenten vergleichbar sind. Bemerkenswert mutet dabei an, daß die Popularitäts- bzw. Zustimmungswerte in den Umfragen für Klaus höher ausfallen als für seinen Vorgänger Václav Havel zumindest in dessen späteren Amtsjahren. Bemerkenswert auch sein Auftritt beim Klima-Gipfel, wo er eine Meinung konträr gegenüber der des Repräsentanten der tschechischen Regierung vortrug. Es wäre auch dort einer Umfrage wert gewesen, was für Eindruck eigentlich die Vertreter afrikanischer und lateinamerikanischer Staaten dabei empfangen mochten, die bis dahin wohl nicht allzuviel Notiz von der Existenz Tschechiens genommen hatten.

Klaus hat Dezember 2008 seinen Ehrevorsitz der vor ihm 1991 mitgegründeten bürgerlichen Partei ODS niedergelegt. Nicht lange danach überstand die ODS-Regierung ein von den Sozialdemokraten betriebenes Mißtrauensvotum nicht, ausgerechnet mitten im tschechischen Vorsitz der EU. Ministerpräsident Mirek Topolánek äußerte die Vermutung, Václav Klaus habe dabei die Finger im Spiel gehabt. Wenn westliche Politiker bis unlängst noch im Grunde von der Berechenbarkeit des tschechischen Präsidenten ausgegangen sind, worunter sie eine Handlungsweise in ihrem Sinne verstehen, und nun aus allen Wolken fallen, so offenbaren sie wieder einmal eine Mischung aus mangelnder Phantasie und Zweckdenken, die den Vertretern westeuropäischer Demokratien seit jeher eignet angesichts von Spielern egal welcher Couleur. Klaus seinerseits zeigt sich nur konsistent. Was aber, wenn er mit etlichen seiner Einwände gegen den Lissabon-Vertrag recht hat? Was aber, wenn die Mehrzahl beteiligter Regierungsoberhäupter mehr aus prozeduralen denn aus inhaltlichen Gründen die Ausbildung einer Eurokratie vorantreibt? Die Vermutung ist nicht von der Hand zu weisen. Selbst dann würden jedoch die Staaten des ehemaligen Ostblocks angesichts deren struktureller Probleme - genannt sei allein die ausgeprägte Korruption - von der Angleichung an die EU profitieren.

Mit der juristisch vermutlich irrelevanten Klausel des Schutzes tschechischen Eigentums vor Begehrlichkeiten sudetendeutscher Verbände schlägt Klaus nochmal eine Volte in Richtung des Populistischen und präsentiert sich als treusorgendes Väterchen der Tschechen. Daß er die Ratifizierung früher oder später unterschreiben wird, ist so gut wie sicher, die Märtyrerpose ist damit durchaus kompatibel. Sosehr er und seine Umgebung sich dann auf die Schulter klopfen mögen, wird dem Taumel europaweiter Bedeutung mehr oder weniger verdeckt die Depression folgen. Die französische und deutsche Seite enthalten sich harscher Reaktionen auf sein Verhalten, hoffentlich ist es nicht Ratlosigkeit, sondern Methode. Letztere würde sich dann in der Sprache der Erziehungspsychologie fördernde Nichtbeachtung nennen.

Während einer kulturhistorischen Tagung meinen die tschechischen Teilnehmer, wegen der gegenwärtigen Peripetien unter einer Art Entschuldigungszwang gegenüber den Deutschen zu stehen. Am Abend, bei einem Glas Wein, spinnen sich die Tschechen die weiteren Aussichten zusammen: Böhmen als Freilichtmuseum, worin sich Touristen und Schulklassen aus aller Welt anschauen können, wohin es führt, sich mitten in Europa aus der EU herauszuhalten. Schnell werden ein Erziehungsminister (für lebenslängliche Erziehung) und eine Propagandaministerin designiert. Das dortige Bier wird die Marke Bierklause tragen. Für das Museum haben wir flugs auch den rechten Namen zur Hand: Klausur.

Wednesday, October 14, 2009

Bayreuther Gespraeche - Josef Škrábek

Ein Vortrag von Herrn Josef Škrábek
Zum Anlass der BAYREUTHER GESPRAECHE 2009


Josef Škrábeks Buch „Die Gestrige Angst“ ist in deutscher und tschechischer Sprache erschienen. Als historisches und persoenlich erlebtes Zeitdokument ist es zum Verstaendnis unserer europaeischen Gegenwart und Zukunft unverzichtbar.
G.Jurosz, Forum of World Cultures



Ein Vortrag von Herrn Josef Škrábek
zum Anlass der BAYREUTHER GESPRAECHE 2009


Josef Škrábeks Buch „Die Gestrige Angst“ ist in deutscher und tschechischer Sprache erschienen. Als historisches und teils persoenlich erlebtes Zeitdokument ist es fuer das Verstaendnis unserer europaeischen Gegenwart und Zukunft unverzichtbar.
G.Jurosz, Forum of World Cultures



Sehr geehrte Damen und Herren,

ich danke Ihnen recht herzlichen für Ihre Einladung, welche ich trotz gesundheitlicher Bedenken sehr gerne angenommen habe.
Jedoch gleich am Anfang kommt mein ABER – ich befasse mich am liebsten mit Verständigung, Zusammenarbeit und Versöhnung. Jede Gegenwart ist aber von dem Vorherigen – also von unserer Vergangenheit mitgeprägt.
Die Geschichte ist die Pathologie der Politik. So wie der Pathologe dem Verstorbenen nicht helfen kann, aber durch seine Forschung den Ärzten bei der Heilung der zukünftigen Kranken eine Belehrung vorstellt, so ist es auch bei den Historikern, wenn sie die Vergangenheit aufrichtig präsentieren, können Sie die Lebenden vor Fehlern warnen. Und die meisten europäischen Historiker unserer Zeit suchen Tatsachen ohne Rücksicht auf nationale Gefühle.
Die heutige Welt ist besser als ihr Bild in uns. Auch heute gibt es noch deutsch-tschechische Streitigkeiten – streiten wir uns jedoch nur daüber,
wie wir uns einst gestritten haben.

Trotzdem streite ich nicht gerne über die Vergangenheit, denn viele von uns kommen in Versuchung jedes Argument mit einem anderen zu übertrumpfen.

Bei diesen Bayreuther Gesprächen wollen wir auf den Widerstand eingehen, wobei ich als Tscheche öfters in eine kuriose Situation komme: ein Teil der Deutschen wirft uns Tschechen vor, dass wir nicht genügend gegen die deutsche Besatzung gekämpft haben – und andere wieder verteidigen alle Maßnahmen der Deutschen im Protektorat, als Gegenmaßnahmen auf die Provokationen der undankbaren Tschechen.

Es ist so angenehm über Witze auf Kosten der Anderen zu lachen, so erzähle ich lieber einen polnischen Witz über uns Tschechen:

Ein Pole wirft den Tschechen vor, dass zu wenig tschechische Partisanen waren.
Der Tscheche erklärt, dass wir keine so großen Wälder haben.
Der Pole läst nicht nach: bei uns waren Stadtpartisanen, die haben in den Städten auf deutsche Soldaten geschossen.
Der Tscheche: wir hätten auch gerne auf Deutsche geschossen, aber das war bei uns verboten.

Aber zurück in die Vergangenheit in welcher sich nur wenig in gerader Linie abspielte und so muss auch ich manchmal Zeiten und Weiten überspringen. Und scheinbar unvergleichbares neben einander stellen.

Sein wir aufrichtig – einen kämpferischen Widerstand zu führen geht meistens über Hass, welcher mit der Zeit immer kräftiger wird – darum spielen sich so viele Gräueltaten am stärksten am Kriegsende, oder sogar erst nach dem Kriege ab.
Ilja Erenburg, der bekannteste sowjetischer Kriegsreporter – Marschall der Feder – hat die Rotarmisten aufgefordert mit Gewalt den Rassenhochmut deutscher Frauen zu brechen. Nehmt euch sie (deutsche Frauen) als eure berechtigte Beute!

Zurück zu der Vorgeschichte des Widerstandes.
Die Geschichte Europas zeigt gewisse Wellen des Menschenwahns.
Seit dem Hussitentum Anfang des 15. Jahrhunderts bis zur Mitte des 17. Jahrhundert litt das Leben der Menschen durch grausame religiöse Kämpfe. Bald danach kam der Nationalismus, welcher bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts tobte (am Balkan noch ein Halbes Jahrhundert länger). Dazu kam die Diktatur des Proletariats (in welcher die Arbeiter nur als Objekt dienten) aufgrund dessen Brutalität Millionen von Menschen gestorben sind.

Die Vorgeschichte des Widerstandes

Napoleon und Fichte, einer von diesen beiden war der Vater, der andere der Pate des deutschen Nationalismus.
Vom Widerstand gegen den Franzosen kann man bei den Tirolern 1796 sprechen – und die haben 1809 auch gegen Bayern gekämpft.

1848 Am Anfang verlangten die Revolutionen in Europa „nur“ mehr Bürgerrechte, aber besonders in Polen, Ungarn und Böhmen hat man auch mehr Rechte für die Volkssprachen verlangt. Bei dem Prager Slawenkongress siegte noch der Austroslawismus.

1866 am 3. Juli wurde Österreichs Armee bei Sadowa (Königgrätz) von Preußen geschlagen und die unloyalen Ungarn wurden vom Kaiser durch den Dualismus belohnt. Die legitimen Wünsche der Tschechen – welche sich noch mit dem Kaiser identifizierten – wurden nicht belohnt. Der Kaiser hat wiederholt die Böhmische Krone abgelehnt.

Das Geschlagene Österreich, noch dazu aufgeteilt in Österreich-Ungarn, hat an Frankreich die Rolle eines Verbündeten gegen Deutschland verloren; so hat Frankreich Verbündete gegen Deutschland unter den unfreien Völkern – Polen, Tschechen, Südslawen ¬– gesucht und gefunden.

1870 Frankreich versuchte vergeblich durch Parolen wie "Rache für Sadowa" – die Unterstützung Österreichs und Süddeutschlands zu erwecken. Anstatt der Rache für Sadowa kam die französische Niederlage bei Sedan. Seit 1870 wurde in Deutschland der 2.9.1870 als Sedantag gefeiert.
1870 Protestierten tschechische Abgeordnete des österreichischen Reichstags gegen die Annexion Elsass und Lotringen. Kaiser Franz Josef I. wurde dabei aufgefordert, gegen den Terror der Preußen auf dem okkupierten Teil Frankreichs zu protestieren.
Im Oktober 1870 haben tschechische Zeitungen junge Tschechen aufgefordert nach Frankreich zu gehen und als Freiwillige an der Seite der Franzosen gegen Preußen zu kämpfen.
In Böhmen und Mähren wurden Hilfsaktionen organisiert, welche französische Kriegsgefangene auf dem Weg aus Schlesien und Sachsen über Österreich nach Frankreich unterstützten.
Wie unterschiedlich der Sieger und Besiegte das Recht der Bevölkerung betrachtet, kann man in Schlossers Weltgeschichte Berlin SW – Band XVIII nachlesen: Seite 105 ...wir sprechen nicht von dem papiernen Rechte, son¬dern von dem Rechte, das in dem großen Getriebe der Staaten und Völkergeschichte der starke sich nehmen darf, wo er eine gute und vernünftige Sache für sich hat, - vom Recht des Guten und des Besseren, wel¬ches, wo einmal der Krieg entbrannt ist, seinen An¬spruch geltend machen darf, ohne nach den Pergamenten zu fragen.
… es ist ein Thorenwahn, dass jede Landschaft, jeder Bezirk, jedes Dorf in jedem Augenblicke souverän über sein Schick¬sal bestimmen könne und dürfe. Diese lebende Generation hatte dem Kriege ... zu¬gestimmt, nirgends war dem französischen Heere ein gräßerer Enthusiasmus entgegen¬getragen worden: sie mochte Gott danken, dass sie nicht härter gestraft wurde, als durch die Einverleibung in das neuerstehende Deutsche Reich; wem dies schlechthin unerträg¬lich deuchte, dem standen die Wege offen, die ihn auf die andere Seite der Vogesen führten.

Die Orientierung der Völker des alten Habsburger Kaisers differenzierte sich immer radikaler. Die Tschechen, Polen, Slowenen, Kroaten und auch die Rumänen in Ungarn und im eigenen Land haben mit immer größerem Vertrauen nach Paris geschaut. Und Frankreich, trotz dem Verlust von Elsass und Lotringen und hohen Reparationen wurde bald wieder eine Weltmacht welche als einzige den Engländern wenigsten teilweise konkurrieren konnte. Die Deutschen Österreichs, beunruhigt durch die Slawen, welche immer lauter nach Gleichberechtigung verlangten, haben ihr Ideal nicht in Wien, aber in Berlin gesehen. Begeisterung zu allem Französischen wurde als tschechischer Druck auf Wien genutzt.

1904 wurden in Prag viele Strassen nach Pariser Vorbild gebaut – und die neue Prachtstrasse der Altstadt hat noch bis heute den Namen Pariser Strasse. In Paris 12 gab es die Rue de Prague
Der französische protestantische Historiker Ernest Denis (1849 – 1921) hat sich für die Selbstständigkeit der slawischen Nationen eingesetzt und nachher in der Kriegszeit der tschechoslowakischen Emigration in Paris geholfen.

Vor 1914 verlangten die Tschechen von Wien zwar mehr Rechte, aber zu kämpferischem Widerstand gab es keine Gründe. Die tschechische Politik wurde hauptsächlich von Frankreich – und etwas weniger von England – unterstützt. Ein Teil der Tschechen liebäugelte mit dem Zar in Petersburg.

Der Erste Weltkrieg war der Anfang des tschechischen Widerstandes

Zwar waren 90% der Tschechen bis zum Kriegsende in der österreichischen Armee, aber 10% haben in tschechoslowakischen Legionen in Russland, Frankreich und Italien gegen die Zentralmächte gekämpft. Da ist es ziemlich logisch, an welcher Seite die offizielle Pflicht und wer mehr bei der Flucht zu Gegner riskierte.
Nach den zwei Revolutionen in Russland konnte der tschechische Widerstand eine reelle Hilfe nur von Frankreich erwarten.
Am 16.12.1917 hat Präsident Poincaré ein Dekret über die Gründung einer selbstständigen tschechoslowakischen Armee (die bereits einige Kriegsjahre existierte), welche unter eigener Flagge und französischen Oberkommando kämpfen wird, unterschrieben.
Der Kampf der Tschechen und Slowaken um die Selbstständigkeit war erfolgreich und am 15.10. 1918 wurde die Tschechoslowakische Exilregierung von der französischen anerkannt. Danach haben sich sehr schnell auch andere Staaten der Entente ähnlich geäußert.
Am 23.10. haben die deutschen Abgeordneten der böhmischen Länder einen zwölfköpfigen Ausschuss gebildet, welche die Gründung der Provinz (oder Republik) Deutschböhmen vorbereitete und diese am 29.10. ausgerufen hat. Das proklamierte Ziel: als Teil Österreichs sich an Deutschland anzuschließen.

Am 28. Oktober wurde in Prag die Tschechoslowakische Republik proklamiert.
Ohne dies in der Slowakei zu wissen haben am 30. Oktober 200 Vertreter der Slowaken in Svätý (Heiliger) Martin den Willen deklariert als slowakischer Zweig der tschechoslowakischen Nation mit den Tschechen im gemeinsamen Staate zu leben.
Den Tschechoslowakismus gab es, aber nur am Anfang. Sehr viel Schlimmes hat das Benehmen mehrere tschechische Beamte gegenüber den Slowaken verursacht.
Schon im Krieg haben die Franzosen angefangen Grundsteine zu einen Cordon Sanitäre zu legen. Von Finnland im hohen Norden, über die drei baltischen Staaten, Polen, die Tschechoslowakei und Rumänien bis zu Jugoslawien sollten die Staaten zwischen Deutschland und Sowjetrussland bereit sein, unter französischer Führung Deutschland vom Osten und Russland vom Westen eventuellen Widerstand leisten.
Nach 1945 ist es den Sowjets gelungen diesen Streifen um Ungarn, Bulgarien, Albanien und Ostdeutschland zu erweitern und direkt zu beherrschen (nur Finnland durfte neutral sein) und gegen den Westen zu nutzen.
Frankreich war die wichtigste Großmacht und unbestrittene leitende Kraft der Entente am Kriegsende und bei den festlegen der Friedensbedingungen. Die Meinungen der Tschechoslowakischen Exilpolitiker wurden von den französischen Experten meistens sehr ernst genommen.
So hatte Frankreich die Schirmherrschaft auch über die Tschechoslowakei übernommen – und manche hatten diesen Staat von seiner Gründung bis zum Münchener „Abkommen“ als französisches Protektorat betrachtet. Natürlich zeigte Deutschland nach den 15. März 1939 was ein wirkliches Protektorat für die Bevölkerung bedeutet.

Die neue tschechoslowakische Arme unterlag von Anfang französischen Offizieren. General Maurice Pellé wurde im Februar 1919 Chef der französischen Militärmission. Im Juni 1919 hat Pelle als Chef des Generalstabs der Armee der ČSR in den Krieg gegen die Ungarische Räterepublik 31.3. – 1.8.1919 geführt. Eine kommunistische Episode war auch die Slowakische Räterepublik, welche nur von 16.6.1919 bis 7.7.1919 gehalten hat. Am Anfang war auch eine Italienische Militärmission für die Slowakei und Ungarn zuständig.

Der Sprecher der deutsch-nationalen Kräfte in der neuen Tschechoslowakei und nach dem zweiten Weltkriege der erste Sprecher der Landsmannschaft,
Lodgman von Aue schrieb am 25.12.1923 in dem Teplitz-Schönauer Anzeiger, dass sich 1918-19 eine tschechische Revolution gegen Wien und eine (sudeten)deutsche gegen Prag abspielten. Er bedauerte, dass die kriegsmüden Deutschen für ihre Freiheit nicht kämpfen wollten, wobei die Tschechen, zwar auch kriegsmüde waren, aber durch die Siegesfreude gestärkt, bis Ende 1918, das von Deutschen bewohnte Gebiet Böhmens, Mährens und eines Teils Schlesiens militärisch beinahe ohne zu schießen besetzen konnten.
Eine Gegenrevolution der Sudetendeutschen gab es Ende 1918 nicht.
München, Berlin, Leipzig, Budapest und teils auch Wien waren Zentren in welchen die Bolschewisten es versuchten die Revolution zu exportieren. Die schlimmsten Erfahrungen der Tschechischen Legionen mit den Bolschewisten haben die Öffentlichkeit gegen linksrevolutionäre Versuche geschützt.

Der Anfang des Zusammenlebens der Tschechen und Deutschen im neuen Staat war zu emotional beladen.
Die Tschechen, welche vorher nach Deutschen, Ungarn, Polen und Italienern um Anerkennung ringen mussten fühlten sich übermäßig stolz auf ihre neue Rolle – auf welche sie jedoch nicht ausreichend vorbereitet waren.
Die Deutschen, welche ihre früheren Privilegien im öffentlichen Leben als naturgegebenes Recht betrachteten, waren überhaupt nicht vorbereitet, dass diese – nach manchen ganz minderwertigen und unkulturellen Tschechen – die erste Rolle spielten.
Die Zeit war fuer eine selbstverständliche, nicht nur theoretische, aber faktische, Gleichrangigkeit noch nicht reif.
Am 4. März 1919 wurde ein Generalstreik in allen von Deutschen bewohnten Gebieten der CSR ausgerufen - übrigens auch in Deutschland haben die Arbeiterräte einen Generalstreik angekündigt. Und in Moskau wurde an demselben Tag die III. Internationale gegründet.
Im Sudetenland (dieser Begriff wurde erst nach dem 4. März allgemeiner benützt) kam es zu Konfrontation zwischen Deutschen und dem Militär und Gendarmen.
Nach ziemlich allgemein verbreiteten deutschen Vorstellungen haben die Tschechen auf wehrlose deutsche Demonstranten geschossen um die Kundgebungen zu verhindern.
Die meisten Tschechen wissen nichts von diesen Ereignissen und in der Literatur kann man erfahren, dass beinahe überall die Protestkundgebungen nur mit verbalen Inzidenzfällen gestört verlaufen sind. Die meisten Veranstalter der deutschen Kundgebungen haben am Ende ihrer Protestreden die Zuhörer aufgefordert in Ruhe und ohne Provokationen nachhause zu gehen. Aber an mehreren Stellen gab es radikale Gruppen, wenn auch nur kleine, welche Konflikte ausgerufen haben – erst danach wurde geschossen. Jedenfalls hat dieser tragischer Tag bis heute die deutsch-tschechische Versöhnung negativ beeinflusst.
Beim Beurteilen des 4. März 1919 wird vieles nicht ausreichend berücksichtigt.
Zum Beispiel kann man sich Heute schwer vorstellen, dass damals die aktuelle Kommunikation zwischen den einzeln aufgestellten Militärposten und ihren Offizieren beinahe unmöglich war. Jeder zufällige Schuss wurde als Bedrohung betrachtet.
Beinahe ungeachtet bleibt die „linke Spur“. Erst nach zwei Generationen wurde der Einfluss der Spartakisten, des Kommunistischen Bundes und ähnlichen linksradikalen Revolutionären aus Deutschland auf diese Ereignisse wahrgenommen.
Und das neue wenig erfahrene Militär stand völlig unter französischem Kommando.

Das Leben ging weiter und in Locarno 1925 haben sich Deutschland und dessen westliche Nachbarn gegenseitig ihre Grenzen garantiert – aber Frankreich hat zugelassen, dass die Grenzen zur Tschechoslowakei und Polen nur sehr wage erwähnt wurden.

Die Fehler der Tschechoslowakei zwischen den zwei Weltkriegen sollte man besonders unter folgenden Gesichtspunkten betrachten.
Erstens: die Vergangenheit nicht mit dem hohen demokratischen Standard nach dem zweiten Weltkrieg vergleichen. Auf die Frage ob die Tschechen unter dem Kaiser, oder die Deutschen in der Tschechoslowakei mehr gelitten haben gibt es an beiden Seiten unterschiedliche Vorstellungen.
Zweitens: in welchem Land hatte eine deutsche „Minderheit“ mehr Rechte als in der Tschechoslowakei?
Drittens: Die Deutschen haben vergeblich Autonomie verlangt. Aber es gab nur eine deutsche Minderheit, die Autonomie hatte – die Deutsche autonome Wolgarepublik im sowjetischen Paradies. Hatten die Deutschen in dieser Autonomen Republik mehr Rechte, oder die in der Tschechoslowakei?

Die Sudetendeutschen hatten gegen die Tschechoslowakei erst im September 1938 gekämpft. Einige Tausend Sudetendeutsche sind über die Grenze ins Reich gegangen und dort wurden diese paramilitärischen Freikorps ausgebildet. Einige kamen über die Grenze und haben z. B. Stationen der Gendarmerie überfallen.

Nach zwanzig Jahren tschechisch-französischer Freundschaft kam die kalte Dusche von München.
Sollte sich die Tschechoslowakei mit ihren 15 Millionen Einwohnern wehren?
Nur etwas über die Hälfte waren Tschechen. Und die Grenzen waren 4120 km lang. Davon zu Deutschland (mit Österreich) 2003 km, Polen 984 km, Ungarn 832 km. Nur 201 km am äußersten Osten war die Grenze zu Rumänien, dem einzigen Land ohne feindselige Absichten.
Schon beim Abtreten des Sudetenlandes musste die Resttschechoslowakei ihre Demokratie beschränken und auch geflüchtete sudetendeutsche Gegner Hitlers nach Deutschland zurückschicken.
Gar keine Abwehrmöglichkeiten gab es am 15. März 1939. An diesem Tag hat Deutschland den letzten Gebietsgewinn ohne Kampf erreicht. Es war aber auch der erste gegen den Willen der Bevölkerung.
Ein polnischer Historiker äußerte sich privat: die Tschechen wurden vor die Wahl gestellt, die Polen nicht, wir wissen nicht ob wir gekämpft hätten.

Wenn ich meinen deutschen Bekannten sagte, dass die Österreicher und noch mehr die Sudetendeutschen auch nach Hitlers Machtergreifung Zugang zu Kritik des Nazismus hatten, sagten Sie mir, ja das betrachteten wir nur als gegendeutsche Hetzerei.

Für Tschechen war es leichter der Verlockerung des Nazismus zu widerstehen. Die Nazis waren doch unsere deutschen Erzfeinde.
Für Deutsche war der Nazismus verlockender. Wenn die Anderen unseren so guten Führer kritisieren, so muss er gut sein!

Unter den Sudetendeutschen war nicht nur der Anteil begeisterter Nazis höher als im Altreich, aber es gab auch mehr Gegner und Verfolgte. Und im Laufe des Krieges haben mehr Sudetendeutsche ihre Meinung geändert – und durften es nicht vor ihren Bekannten zeigen.

Die Tschechen litten unter doppelter Diktatur – einer Antitschechischen (welche die Deutschen nicht spürten) und einer Nazistischen.
Für die deutschen Gegner Hitlers war es äußerst tragisch, dass ihnen die meisten Tschechen misstrauten.
Natürlich gab es auch noch andere Deutsche, z. B solche, welchen der Nazismus nicht gefallen hat, aber die doch hoch geschätzt haben was diese problematischer Mann für das Deutschtum geleistet hat – wenigsten bis zum Kriegsanfang.

Umso mehr sollten wir jeden Deutschen schätzen, welcher mit dem Nazisystem nicht einverstanden war und im Widerstand gegen diesen sein Leben riskierte.

Am Anfang des Protektorats waren die meisten Tschechen nicht nur durch die Härte der Deutschen Übermenschen erschüttert, aber – sozusagen als ein Nebenprodukt – kam die zweite Welle der Vorwürfe gegenüber Frankreich und England.

Bedingungen für einen tschechischen Widerstand:
Enttäuschung ueber den Westen und auch ueber die Slowaken – welche sich einen Tag vor dem Protektorat getrennt haben.
Nur einem Teil der Offiziere und Soldaten ist es gelungen über Polen, die Slowakei und Ungarn zu fliehen.
Ein Teil der Offiziere gründete eine Widerstandsorganisation, welche sich auf den Kriegsanfang vorbereitete. Selbst die militärische Organisation des Widerstandes, mit ihrer Hierarchie und Gebietsgliederung erleichterte die Enthüllung und Vernichtung durch die GESTAPO.

Für einen bewaffneten Widerstand fehlte die wichtigste Bedingung – die Waffen. Deutschland hat das ganze große Arsenal der gut ausgerüsteten Armee der ČSR übernommen.
In Polen, Frankreich, Serbien und später auch in Russland sind die Fronten zerfallen und die Untergrundorganisationen konnten einen Teil der Waffen für sich nehmen.
Es ist mehr als eine Ironie der Geschichte, dass die Ausrüstung der tschechoslowakischen Armee nur 11 Monate nach dem Münchener „Abkommen“ von der Wehrmacht gegen Polen und Frankreich eingesetzt wurden.

Trotz der Enttäuschung ueber den Westen flüchteten ab München junge Tschechen nach Frankreich und Polen und später nach England und Russland.
An der Seite der Engländer kämpften die Tschechen und Slowaken in der RAF und auch in einer selbstständigen tschechoslowakischen Panzerbrigade. Diese hatte am 4. Oktober 1944 mit über 4000 Mann unter General Liska die 15.000 deutscher Soldaten unter Viceadmiral Frisius in Dunkerke-Dünkirchen bis zum 9. Mai 1945 blockiert.
Dabei kam es zu großen Kontroversen, denn alle Tschechoslowaken verlangten den Einsatz an der Front und alle wollten sich bei der Befreiung ihres Landes beteiligen. Selbst Montgomery hat es abgelehnt und erlaubte nur eine symbolische Einheit von einigen Panzern am 1. Mai die Grenze bei Eger mit den Amerikanern zu überschreiten.
Und Prag – wo es dem Aufständigen bis zu der Nacht von 8. zum 9. Mai gelungen ist praktisch den ganzen deutschen Widerstand zu eliminieren, kamen am 9. Mai die Sowjets ZUR HILFE und haben die schon beinahe freie Stadt offiziell befreit. Erst kurz nach ihnen kam vom Osten auch der tschechoslowakischer Armeekorps unter General Ludvik Svoboda.
Die Dankbarkeit zu den Russen – und die Enttäuschung, dass die Amerikaner hinter Pilsen stecken geblieben sind – das alles waren weitere Voraussetzungen für den Erfolg der Kommunisten, welche den Klassenkampf verschwiegen haben und sich als größte Nationalisten und Demokraten vorspielten.

Die Wahlergebnisse des Jahres 1946 schockierten. 40,17 % der Tschechen, aber „nur“ 30,4 % der Slowaken wählten kommunistisch. Es waren nur zum Teil ideologische Wahlen (mehr Gläubigen in der Slowakei), der größte Unterschied kam jedoch aus der Kriegszeit. Die Slowaken haben ja mit Deutschland Polen überfallen und auch in Russland militärisch Deutschland unterstützt.

Nach diesen letzten ziemlich freien Wahlen haben die Kommunisten immer mehr Anhänger und Sympathien verloren. Ende 1947 hat sich die Sozialdemokratische Partei geändert und nicht mehr automatisch die Kommunisten in der Regierung und im Parlament unterstützt.
Am 25.Februar 1948 haben die Kommunisten unter Drohungen den Präsidenten gezwungen, ihre neue ganz rote Regierung zu ernennen.
Der Dritte Widerstand hat angefangen.
Die Arbeitermiliz hat die nichtkommunistischen Redaktionen und den Rundfunk besetzt und wo an der Spitze noch keine zuverlässigen Genossen waren, dort kamen sie jetzt hin.
Zuerst kam es zu Präventivverhaftungen von demokratischen Offizieren.
An allen Amtsstellen wurden unzuverlässige Angestellte von Direktoren bis zum Pförtner mit Kommunisten ersetzt. An vielen Stellen gab es schon vorher bereitete Verzeichnisse ueber Unzuverlässige.

Das größte Problem der kommunistischen Macht war, dass nach und nach viele vorher begeisterte Genossen angesichts der neuer Brutalität ihre Meinungen änderten, sie konnten jedoch nicht viel unternehmen. Im April 1948 hat Gottwald an die Öffentlichkeit appelliert, der Partei beizutreten – und einige Monate später kam es zu Säuberungsaktionen bei welchen nicht nur neue, aber auch alte Genossen ausgeschlossen wurden.

Da es ohne eine rote Legitimation beinahe unmöglich war eine der Begabung und Leistungsbereitschaft entsprechende Berufsbahn einzugehen, mehrten sich in der KPTsch immer mehr solche, welche nur dabei sein mussten. So kam es zum Jahre 1968 und die Welt staunte, dass wegen der neuen Minifreiheiten der Bevölkerung die Armeen von fünf Verbündeten ein so kleines Land überfielen. Beinahe eine halbe Million Soldaten, über 6000 Panzer und 800 Flugzeuge beherrschten das Land.

Für den einheimischen Widerstand gegen die Kommunisten war bedrückend, dass die Staatsmänner des Westens mit den Östlichen freundschaftlich konferierten. Und wir wussten, dass sie nicht viel für unseren Widerstand machen werden. Erst vierzig Jahre nach dem Anfang der kommunistischen Herrschaft kam es so weit, dass die Vertreter der Dissidenten am 9. Dezember 1988 die Einladung des französischen Präsidenten François Mitterrand zum gemeinsamen Frühstück auf der französischen Botschaft annehmen durften. Mitterand hat gedroht sofort seinen Aufenthalt zu beenden, wenn dieses Treffen vom Staat nicht genehmigt wird.
Bus zur samtenen Revolution fehlte nur noch ein Jahr.
Der von innen und außen korrodierte Eiserne Vorhang ist zerfallen und die befreite Bevölkerung freute sich, ans Ziel gelangt zu sein. Und das war ein Irrtum, denn die Freiheit hat uns nur zur Startlinie geführt und wir ahnten nicht, welche Hürden auf dem weiteren Wettlauf auf uns warten – oder uns neu in den Weg gestellt werden.

Tuesday, October 13, 2009

Vaclav Klaus und die EU

Mit dem Kopf durch die Wand.
Kristina Jurosz, 1. Vorsitzende der Deutsch-Tschechischen Gesellschaft Bayreuth

Der eiserne Vorhang, jahrelang eine trennende Wand in Europa, ist seit 20 Jahren beseitigt.
Mit und durch den starken Willen der hinter ihm lebenden Völker. Und jetzt, nur 20 Jahre danach, baut ihn bewusst ein Mann, der an der Spitze der CR steht, wieder auf.
Er tut es mit an Sicherheit grenzender Vermutung – gegen den Willen des Volkes, das er in Europa und der Welt repräsentieren soll.
Auch er ist nur ein Mensch. Aber was für einer? Ein Demokrat ? – kaum. Ein kluger Kopf?
Oder ein Zerstörer dessen, wofür sein Volk jahrelang arbeitet um sich in der EU einen akzeptablen Platz zu schaffen.
Man kann nur den Kopf schütteln über so viel Eigensinn, der nirgends wo hinführt als ins Verderben. Verderben eines Volkes, eines selbständigen Staates. Denn in der heutigen Zeit ist nur eine Existenz als Teil der EU möglich – vor allem dann, wenn man im Herzen dieses Kontinentes sein Land eigen nennt.

Die DTG – Deutsch-Tschechische Gesellschaft in Bayreuth - distanziert sich ganz entschieden von der Stellung des Tschechischen Präsidenten, vor allem aber von seinem vorgeschobenen Argument der angeblich möglichen Ansprüche der Sudetendeutschen, mit dem er die Unterschrift der EU Verfassung ablehnt. Mit seiner Stellung ist er schon ganz einsam. Anscheinend will er seine Ansichten nicht einmal für die Europäische Demokratie aufgeben. Seine Ziele darf man nicht ergründen wollen. Vielleicht wäre es eine interessante Aufgabe für einen fundierten Psychologen.

Unsere Bemühungen um die vorurteilslose Verständigung zwischen Tschechen und allen Deutschen werden wir weiter betreiben mit der Hoffnung, dass die Vernunft und guter Wille
zum friedlichen Zusammenleben in Europa siegen werden.
Wir vermitteln Kultur des Landes Tschechien nach Deutschland, damit die z.T. noch bestehenden Vorurteile abgebaut werden können, damit die Menschen zueinander finden und friedlich nebeneinander zu leben lernen. Es gibt nichts Schöneres als eine beidseitig freundliche Nachbarschaft, die jeden befruchtet, der an ihr aktiv beteiligt ist. Die europäischen Nationen leben miteinander als gute Nachbarn und es soll keiner versuchen straffrei einen Keil dazwischen zu treiben.
Europa wartet auf Tschechien, nicht auf ihren Präsidenten!

Vorsicht, Herr Klaus, Europa ist schon sehr stark, fest und bewehrt – Betonköpfe zerbersten an ihrem demokratischen Wall sehr leicht!